EINLEITUNG:

Der Sopranist, d.h. ein erwachsener männlcher Sänger in Sopranlage, war sehr populär in der Barockzeit und der Klassik, als Kastraten in ganz Europa sangen. Der "primo uomo" war der Held auf der Bühne und seine exzellente Technik war häufig weitaus wichtiger als die Handlung der Oper. Der berühmteste Kastrat war Carlo Broschi, genannt "Farinelli". Im 19. Jahrhundert geriet die Kunst der Kastraten immer mehr in Vergessenheit, und der letzte Kastrat, Alessandro Moreschi, starb 1922. Ihre Vorgänger waren die berühmten spanischen Falsettisten in den Kathedralen des 16. Jahrhunderts.
Zur Zeit von Moreschis Tod begann in Deutschland die Wiederbelebung der Barockoper. Die Aufführungen waren jedoch völlig anders geworden: die Kastratenpartien wurden transponiert und von Baritonen und Bässen gesungen, nur manchmal von Frauen in Originallage. In den frühen 50ern begann Alfred Deller als Solo-Countertenor aufzutreten. Diese Praxis des Falsettgesangs hatte in den englischen Kathdralchören überlebt, doch die Solo-Countertenorstimme war, obwohl sie eine große Tradition hatte, vergessen. Die gewöhnliche Aufführungspraxis war seitdem, daß Countertenöre die Altpartien singen, wohingegen Frauen die Sopranpartien singen. Die Ausbildung dieser Sänger geht jedoch auf das 19. Jahrhundert zurück und ist recht verschieden von der der Virtuosen der Barockzeit.
Ein weiter Meilenstein wurde in den 80ern erreicht, alsAris Christofellis begann, die Kastratenrollen in der originalen Sopranlage aufzuführen. Die Kombination einer außerordentlich hohen Stimme mit einer atemberaubenden Virtuosität erlaubten es zum ersten Male seit Farinellis Tagen, Barockopern mit einem echten "primo uomo" aufzuführen. Es soll jedoch nicht verschwiegen werden, daß selbst die Sopranisten unserer Tage immer noch verschieden von einem Kastraten sind und einige Aspekte besser von einer Frau dargestellt werden können.
Die Mehrheit der hier erwähnten Sänger sind Falsettisten wie Alfred Deller, doch sie entwickelten entweder spezielle Techniken um ihren Stimmumfang zu erweitern, oder sie sind einfach Tenöre, dessen Falsettumfang über die Altlage hinausgeht. Diese Seite enthät auch Sänger mit ungewöhnlich hohen Stimmen, selbst wenn sie nicht in Sopranlage singen. Ein Fall sind extrem hohe Tenöre auch Tenor Altino oder einfach männlicher Alt. Beispiele sind Russell Oberlin (der den Ausdruck Countertenor auf seinen Stimmtyp anwendete) und Rodrigo del Pozo die keinen Gebrauch von ihrem Falsettregister machen. Ein weiteres Beispiel ist der sehr seltene Fall eines sogenannten endokrinologischen Kastrats (vgl. das Kallmann-Syndrom), wo eine hormonelle den Stimmbruck verhindert. Paulo Abel do Nascimento, ein Alt, und Jimmy Scott, ein hoher Tenor, als auch der Sopranist Radu Marian sind solche Sänger.
In unseren Tagen schrieben Komponisten wie Alfred Schnittke, Thomas Bloch, Helmut Oehring oder Peter Eötvös sogar Stücke speziell fü Sopranisten. Gewöhnlich können sie nicht von "normalen" Countertenören oder Sängerinnen gesungen werden. Doch wie klangen die berühmten Kastrate? Wir können diese Frage nicht beantworten. Der Kastrat Alessandro Moreschi, wer der einzige, dessen Stimme aufgezeichnet wurde. Leider sind diese Aufführungen weit von den Sängern entfernt, die einst ganz Europa begeisterten, doch ihre Renaissance hat begonnen, zumindest ein klein wenig.